Festgottesdienst am 9.11.2014
und Buchvorstellung
Am Sonntag dem 9.11.2014 feierte die
Puricelli'sche Stiftung ihr
150-jähriges Wirken mit einem Festgottesdienst in der kath. Pfarrkirche
St. Erasmus mit vielen Gästen aus Rheinböllen und Umgebung. Nach einem
festlichen Einzug der Messdiener und der Pfarrer Günther Vogel und
Ulrich Laux vom Bistum Trier, dem früheren Pfarrer von Rheinböllen,
Pfarrer i. R. Norbert Klaes und Diakon Bruder Bonifatius von den
Franziskanerbrüdern vom Heiligen Kreuz begrüßte Pfarrer Vogel die
zahlreichen Besucher der Heiligen Messe.
Der 9. November in der deutschen Geschichte
Er verwies in seiner Ansprache darauf, dass der 9.
November ein geschichtsträchtiger Tag in der deutschen Geschichte sei.
„Sogar von einem „Schicksalstag der Deutschen sprechen die Historiker,
wenn es um den 9. November geht. Allein das 20. Jahrhundert verzeichnet
drei tiefgreifende Ereignisse für den 9. November: 1918 ist mit der
Novemberrevolution das Kaiserreich untergegangen und die deutsche
Republik wurde ausgerufen. 1938 markiert der 9. November den Beginn der
Novemberpogrome gegen die jüdische Bevölkerung, in deren Folge bis
Kriegsende 6 Millionen jüdische Menschen ihr Leben verloren haben. Und
heute vor 25 Jahren schließlich begann mit dem Fall der Mauer das Ende
der DDR, ein Jahr später war das geteilte Deutschland wieder eine
Nation“, so Pfarrer Günther Vogel in seiner Ansprache.
Der 9. November und seine Bedeutung für
Rheinböllen Ein bedeutender Tag ist der 9. November auch für
uns hier in Rheinböllen, so fuhr der Pfarrer fort. „Heute vor 150
Jahren, am 9. November 1864 haben die Eheleute Heinrich und Eugénie
Puricelli die öffentlich-rechtliche Stiftung ‚Katholisches Waisenhaus
zu Rheinböllen‘ gegründet – heute bekannt unter dem Namen
Puricelli-Stift.“
Sein besonderer
Gruß galt als erstes denjenigen, die heute das Puricelli Stift mit Leben
erfüllen: den Bewohnerinnen und Bewohnern des Pflegeheims und des
betreuten Wohnens. Pfarrer Vogel weiter: „Nach einer turbulenten und
aufregenden Zeit für die Stiftung zu Beginn meiner Pfarrertätigkeit
2005, als Familie Wicküler 2004 bekanntgegeben hat, das Pflegeheim
aufzugeben, haben 2006 die Franziskanerbrüder vom Heiligen Kreuz für den
Fortbestand der Einrichtung gesorgt und die Trägerschaft unter dem Namen
Puricelli-Stift übernommen. So Grüße ich von Herzen Bruder Bonifatius
Faulhaber von den Franziskanerbrüdern, der heute als Diakon den
Gottesdienst mitgestaltet, Herrn Joachim Domann vom Vorstand und Frau
Alexandra Markus von der Pressestelle. Dazu gehört natürlich die Leitung
vor Ort und ich grüße Frau Karola Tillewein und ihre Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter. Mein Gruß gilt aber auch den Snehagiri Missinary
Sisters, die in ihrem Konvent im Puricelli Stift leben und in der Pflege
und Seelsorge im Haus und auch in unserer Pfarreiengemeinschaft tätig
sind. Sie alle tragen dazu bei, dass der ursprüngliche Stifterwille,
sich aus christlicher Nächstenliebe um Bedürftige zu kümmern, auch 150
Jahre später in den Gegebenheiten unserer Zeit umgesetzt wird. Dafür ein
ganz herzliches Dankeschön.“
„Dass eine solche
Einrichtung bestehen kann, dafür bedarf es der Zusammenarbeit mit vielen
staatlichen und kommunalen Stellen. So Grüße ich in unserer Mitte Herrn
Reinhard Klauer als Vertreter unseres Landrates, Herrn
Verbandsbürgermeister Arno Imig, Frau Stadtbürgermeisterin Bernardette
Oberthür, Frau Bürgermeisterin Andrea Manz aus Bad Kreuznach, alle
Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen und der örtlichen Vereine und
auch die Vertreterinnen und Vertreter der Puricelli-Schule und der
Grundschule.“
Auch in Bad
Kreuznach, so Pfarrer Günther Vogel, hat die Familie Puricelli wohltätig
gewirkt, bekannt ist vor allem das Franziska-Stift. „Ich freue mich,
dass heute Morgen mein Mitbruder Pfarrer Ulrich Laux gekommen ist, er
ist der ehemalige Pfarrer und Dechant von Bad Kreuznach und wird die
Festpredigt halten. Herzlich willkommen.
Die Familie
Puricelli war tief im christlichen Glauben verwurzelt. Neben ihrem
sozialen Engagement lag vor allem Franziska Puricelli auch die Feier der
Liturgie am Herzen. Sie haben nicht nur liturgische Geräte und
Messgewänder gestiftet, sondern auch einen würdigen Rahmen geschaffen,
in dem sie den Bau von Kirchen unterstützt haben. Neben der
Marienkapelle im Puricelli-Stift und der Kapelle in der Poststraße waren
sie auch maßgeblich am Bau und an der Ausstattung unserer Pfarrkirche
beteiligt. Die Messgewänder, die wir heute tragen und die Kelche, die
wir in dieser Heiligen Messe benutzen, sind ebenfalls Stiftungen der
Familie. Die wirtschaftliche Grundlage für die vielfältige
Stiftertätigkeit der Familie Puricelli war die Rheinböller Hütte. Hier
haben sie nicht nur das Geld für die vielen Stiftungen erwirtschaftet,
sondern sie haben auch vielen Menschen der Umgebung Lohn und Arbeit
gegeben. Die Firma Continental Teves ist sozusagen der Nachfolgebetrieb
und ich begrüße herzlich Herrn Werkleiter Stephan Oberthür von der Firma
Continental Teves.
Natürlich ist es
für uns heute eine gewaltige Aufgabe, all das zu erhalten, was die
Puricelli gestiftet haben. Gut, dass sich Frauen und Männer in unseren
Gemeinden finden, die sich auch dafür einsetzten und so Grüße ich alle
Vertreterinnen und Vertreter des Pfarrgemeinde- und des Verwaltungsrates
unserer Pfarrei, die hautamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und
die Vertreterinnen und Vertreter unserer kirchlichen Vereine und
Gruppen. Von Herzen Grüße ich auch unsere evangelischen Schwestern und
Brüder, mit denen wir verbunden sind.
Als Vorsitzender
der Puricelli’schen Stiftung stehe ich Gott sei Dank nicht alleine in
der Verantwortung, sondern engagierte und kompetente Frauen und Männer
bilden den Verwaltungsrat der Stiftung. Ganz herzlich begrüße ich Frau
Martina Plenz-Günster, noch einmal Frau Bernadette Oberthür, Graf
Constantin von Plettenberg, Graf Franziskus von Plettenberg, Herr
Hans-Josef Bracht und den Geschäftsführer der Stiftung, Herr Franz-Josef
Lauer. Grüßen möchte ich auch unseren ehemaligen Geschäftsführer Herr
Norbert Hipp, der fast 50 Jahre diese ehrenamtliche Tätigkeit ausgeübt
hat und die langjährige Küsterin der Marienkapelle, Frau Felicitas
Weigert.
Und ich freue mich,
dass ich auch einen ehemaligen Vorsitzenden der Stiftung begrüßen kann,
mein Vor-Vorgänger Pfarrer Norbert Klaes, der von 1969 bis 1992 Pfarrer
in Rheinböllen war.
Und ich begrüße
auch alle Vertreter der Medien, die heute gekommen sind, um über unser
Jubiläum und das Wirken der Unternehmerfamilie Puricelli zu berichten.“
Der 9. November und seine Bedeutung für die Kirche.
Der 9. November ist
ein bedeutsamer Tag: für unser Heimatland, für Rheinböllen, aber auch
für die Kirche, so Pfarrer Vogel weiter. „Wir feiern heute den Weihetag
der Lateranbasilika in Rom. Bereits im Jahr 324 geweiht ist sie die
älteste Papstkirche und trägt den Ehrentitel „Mutter und Haupt aller
Kirchen des Erdkreises“. Dieser Tag erinnert uns auch an den Weihetag
unserer Pfarrkirche. Der Weihetag einer Kirche hat etwas mit der
Bedeutung der Kirche als Gebäude zu tun, aber der Begriff „Kirche“ steht
auch für die Gemeinschaft der Gläubigen, die wiederum Christus selbst
gegenwärtig machen sollen. Wenn von „Kirche“ die Rede ist, sind nicht
„die da oben“ gemeint, sondern wir alle. Wir sind die Steine eines
lebendigen Bauwerkes, in dem Gott wohnt. Mit uns, in uns und durch uns
will Christus heute den Menschen nahe sein.“
Pfarrer Ulrich Laux, der heute im Generalvikariat
des Bistums Trier arbeitet, der zuvor Dechant in Bad Kreuznach und
Seelsorger des Franziska-Puricelli-Stift war und damit ebenfalls ein
profunder Kenner des Puricelli’schen Wirkens hielt die Festpredikt. Er
überbrachte die herzlichsten Grüße des Bischofs Stephan Ackermann, der
zu einer Besuchsreise bei den Bischöfen in Rio Grande do Sul in
Brasilien sei. Er verwies darauf, dass 17 brasilianische Bischöfe und
ehemalige Bischöfe in Brasilien deutscher Abstammung seien. Auch 2 Gäste
aus Rio Grande do Sul, die bei der Familie Hofmann in Rheinböllen
weilten, waren zum Festgottesdienst gekommen. Pfarrer Laux unterstrich,
dass die Familie Puricelli fest im Glauben verwurzelt war. Durch ihren
wirtschaftlichen Erfolg auf der Rheinböllerhütte habe sie viele Kirchen
in der Region, so auch diese Pfarrkirche und verschiedene Kirchen in Bad
Kreuznach unterstützt. „Das war damals keine leichte Zeit im Hunsrück,
wie auch die hohe Zahl der Auswanderer nach Brasilien belegt“ erinnerte
Laux. „Die Puricelli haben mit ihrer Stiftung gegen die Armut gewirkt.
Sie waren wohlhabend. Aber sie hat auch die Not der anderen nicht kalt
gelassen. Ihnen ging es nicht um Gewinnmaximierung, sie haben sich für
das Los ihrer Mitmenschen interessiert – ich bin mir nicht sicher, ob
das heute noch so in unserer Gesellschaft der Fall ist. Wer sieht heute
noch die Not des anderen? Auch Unternehmen und Unternehmer sollten sich
bewusst machen, dass Gewinnmaximierung nicht der einzige Lebensinhalt
ist, sondern das Füreinander.“
Musikalisch mitgestaltet wurde der Festgottesdienst
auch von der Chorgemeinschaft Rheinböllen-Argenthal unter Leitung von
Hermann Nell. |
|
Buchvorstellung
Im Anschluss an den Festgottesdienst stellte
Constantin Graf von Plettenberg das von ihm und Franz-Josef Lauer
verfasste Buch „Die Puricelli’sche Stiftung in Rheinböllen – 150 Jahre
Bau-, Sozial-, Kunst- und Stiftungsgeschichte – vor. Constantin Graf von
Plettenberg, dessen Großmutter Elisabeth (1892-1984) ein geborene
Puricelli war, hat sich eingehend mit der Familiengeschichte der
Puricelli und ihres Wirkens auf der Rheinböllerhütte befasst und schon
mehrere Publikationen hierzu veröffentlicht. Er hat im Rahmen einer
archivgestützten Forschungsarbeit neue Erkenntnisse zur Bau- und
Ausstattungsgeschichte der Rheinböller Stiftung und insbesondere der
Marienkapelle erstmals auch mit der Abbildung vieler Originaldokumente
aus der damaligen Bau- und Errichtungszeit in diesem Buch auf ca. 100
Seiten veröffentlicht und darüber hinaus viele Fotos und Abbildungen
auch zum damaligen Wirken der Gebr. Puricelli auf der Rheinböllern aus
seinem Privatbesitz zum Abdruck zur Verfügung gestellt. In seiner
Buchvorstellung dankte er den Zelebranten der Messe und der
Chorgemeinschaft für den sehr schönen Festgottesdienst. Sein Dank galt
auch den Sponsoren, den Fotografen und dem Kreuznacher Verlag Matthias
Ess. Ein besonderer Dank galt Herrn Horst Goebel, der mit seinen
künstlerischen Architekturbildern das Buch bereichert habe.
Das Werk zeige, so Graf von Plettenberg, „dass die
Stiftung trotz ihres Alters von 150 Jahren ein lebendiger Kosmos mit
Zukunft ist. Kultur- und kunsthistorisch sind die Alt-Gebäude von
überregionaler Bedeutung. Bedingt durch langjährige Wirtschafts- und
Kulturkontakte in das katholische Rheinland gelang es Franziska
Puricelli den Kölner Architekten Heinrich Wiethase ab den frühen 1880
Jahren für die Planung und Ausführung ihres Waisenhausprojektes in
Rheinböllen zu gewinnen. Von da aus entfalteten er und sein Mitarbeiter
respektive Nachfolger, Eduard Endler, zusammen mit einer großen
Entourage an ausgewiesenen Künstlern, eine rege Kirchenbau- und
Restaurierungstätigkeit in der damaligen südlichen Rheinprovinz.
Kunsthistorisches Herzstück der Anlage ist die Marienkapelle, die, gut
restauriert, nahezu vollständig in ihrer Ausstattung erhalten ist. Das
im 19. Jahrhundert gepflegte Ideal des Gesamtkunstwerkes lässt sich in
Rheinböllen nachempfinden. Die neugotische Hauskapelle, die um 1890 von
führenden Kölner Künstlern des Historismus ausgestattet wurde, darf zu
Recht in der Summe ihrer qualitätvollen Einzellösungen als eine
einmalige Insel der Ästhetik gelten“.
Das Buch, so Graf von Plettenberg abschließend,
„hat 288 Seiten, ist fest eingebunden mit Fadenheftung, verfügt über ca.
280 ausgesuchte Farbabbildungen sowie viele erstmals veröffentlichte
historische Photos, und die Aufsätze verstehen sich in summa als Beitrag
zur rheinischen Kunst- und Sozialgeschichte des 19., 20. und 21.
Jahrhunderts“.
Im Anschluss dankte der Bad Kreuznacher Verleger
des Buches, Matthias Ess der Stiftung und den Verfassern für ihre Arbeit
und die gute Zusammenarbeit und überreichte die Erstausgabe an die
Herausgeber. Ein SWR Fernsehteam machte Aufnahmen vom Festgottesdienst
von der Buchvorstellung und vom Puricelli-Stift, die am gleichen Tag in
der Nachrichtensendung „Landesschau Rheinland-Pfalz ausgestrahlt wurden.
Ebenso war ein Reporterteam der Bistumszeitung Paulinus aus Trier sowie
der Rhein-Hunsrück-Zeitung anwesend um ihren Lesern über diese
Jubiläumsfeier und die Buchvorstellung zu berichten. Im Anschluss waren
die Besucher zu einem Empfang im Pfarrheim eingeladen, wo es einen
kleinen Imbiss gab und das neu vorgestellte Buch erworben werden konnte.
Viele nutzen auch die Gelegenheit, das Buch signieren zu lassen. |
|
|